Durchbeissen und büffeln
Passerelle Nach dem Abschluss seiner Gärtnerlehre besucht Luc Häberli derzeit die Passerelle an der Minerva-Schule in Zürich. Der 21-Jährige sieht ein Studium als logische Fortsetzung seiner Ausbildung. Umso motivierter büffelt er jetzt Mathe, Deutsch und Geschichte.
Herausfordernd sei es, selbstverständlich, aber auch eine tolle Möglichkeit, die ihm neue Türen öffne. Luc Häberli wusste genau, worauf er sich einliess, als er diesen August die Passerelle an der Minerva begann. Während eines Jahres bereitet er sich auf die eidgenössische Ergänzungsprüfung Passerelle «Berufsmaturität/ Fachmaturität» vor. Die Prüfung wird es ihm ermöglichen, an einer Universität zu studieren. Bis dahin heisst es für ihn: durchbeissen und büffeln. Etwas, das ihm aber durchaus Freude macht.
Häberli, 21 Jahre alt, abgeschlossene Lehre als Gärtner mit naturwissenschaftlicher Berufsmaturität, ist einer der Schüler, die dieses Jahr an der Minerva in Zürich die Passerelle absolvieren. Er beschreibt seinen Werdegang: Von der Kantonsschule hat er nach zwei Jahren in eine Berufslehre mit Berufsmaturitätsschule (BM) gewechselt: «Das war für mich die ideale Kombination: Ich konnte praktisch arbeiten, draussen sein, mit den Händen etwas machen. Gleichzeitig absolvierte ich zwei verschiedene Schulen und war damit auch geistig gefordert.» Häberli sah die Lehre als eine gleichwertige Alternative zum rein schulischen Gymnasium. Danach noch ein Hochschulstudium zu absolvieren, hat ihn immer gereizt.
Familiäres Umfeld
Mit der Passerelle bereitet Häberli sich deshalb auf die zweimal jährlich stattfindende eidgenössische Ergänzungsprüfung Passerelle vor, die wie die Maturitätsprüfung auch den Zugang zur ETH oder zur Universität ermöglicht. Bei der Privatschule Minerva kann man in Zürich sowohl im August wie auch im Februar in den einjährigen Lehrgang einsteigen. Aufnahmebedingung ist die Berufs- oder die Fachmaturität, über eine Zulassung entscheiden aber nicht nur die Mindestnoten, sondern auch ein persönliches Gespräch mit der Lehrgangsleitung.
Lehrgangsleiterin Doris Gehring betont: «Was für mich wichtig ist, sind die Motivation, sich auf den Schulstoff einzulassen, und der Wille, Zeit zu investieren. Ein Lehrabschlusszeugnis sagt darüber wenig aus.» Dank des familiären Umfelds und des engen Kontakts zwischen den Lehrenden und den Studierenden können Studierende individuell und auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten gecoacht werden. Jemand mit einer gestalterischen BM braucht zum Beispiel in den naturwissenschaftlichen Fächern allenfalls etwas mehr Förderung als jemand, der von einer technischen BM her kommt. Auf solche Unterschiede können wir eingehen.»
Nichtsdestotrotz müssen alle Studierende Zeit in das Passerellejahr investieren. Häberli schätzt, dass er neben den Lektionen jeden Tag zwei Stunden für die Schule lernt und am Wochenende einen weiteren halben Tag. «Vor Mathe und den Naturwissenschaften habe ich grossen Respekt», sagt Häberli. Er ist froh, dass er mit der naturwissenschaftlichen BM bereits eine gute Grundlage hat. Und dass er durch seine Lehre eine gewisse Belastbarkeit und Stressresistenz mitbringt. «Ich weiss, was es heisst, die Ärmel hochzukrempeln und durchzubeissen. Das hilft mir jetzt.»
Positiv überrascht
Trotzdem ist er nach den ersten Wochen positiv überrascht: «Ich dachte, es wird viel strenger. Bis jetzt ist das Arbeitspensum für mich machbar.» Mit einem Lachen ergänzt er aber: «Wahrscheinlich kommt das noch.» Viel Freude macht ihm der Geschichtsunterricht, Gesellschaftspolitisches interessiert ihn. «Ich kann mir gut vorstellen, Geschichte und Deutsch zu studieren», sagt er. Auf der anderen Seite würde ihn auch ein Agrarwissenschaftsstudium reizen. «Agronomie wäre eine Art Weiterführung meiner Lehre und beinhaltet so viele aktuell wichtige Themen. Ernährung zum Beispiel. Pestizide. Klimawandel.» Egal wie er sich entscheidet, eines ist Häberli wichtig: «Ich möchte mit meinem Studium etwas bewegen können. »